Aktuelle Beiträge

BGH GRUR 2016, 361 "Nichtstatthafte Prüfung der Klarheit eines beschränkten Patentanspruchs - Fugenband"

1. Im Falle einer Selbstbeschränkung durch den Patentinhaber im Nichtigkeitsverfahren ist eine Prüfung der Klarheit des beschränkten Patentanspruchs jedenfalls insoweit nicht statthaft, als die mutmaßliche Unklarheit bereits in den erteilten Ansprüchen enthalten war.

2. Ist eine Patentnichtigkeitsklage von mehreren Klägern erhoben oder sind mehrere Klageverfahren, die dasselbe Patent zum Gegenstand haben, zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden, sind die Kläger notwendige Streitgenossen gemäß ZPO § 62.

BGH GRUR 2016, 166 "Berücksichtigung zurückgenommener Patentanmeldungen bei Neuheitsprüfung - PALplus"

Eine ältere nachveröffentlichte Patentanmeldung ist bei der Neuheitsprüfung auch dann zu berücksichtigen, wenn sie nach ihrer Veröffentlichung zurückgenommen wird oder als zurückgenommen gilt.

BGH GRUR 2016, 50 "Zeichnungs-Offenbarung eines Teilbereichs innerhalb einer Bereichsangabe möglich - Teilreflektierende Folie"

Die Priorität einer Gebrauchsmustervoranmeldung, die eine Bereichsangabe enthält, kann jedenfalls dann wirksam in Anspruch genommen werden, wenn der in der Patentnachanmeldung beanspruchte, innerhalb dieses Bereichs liegende einzelne Wert oder Teilbereich in der Voranmeldung als mögliche Ausführungsform der Erfindung in einer schematischen Zeichnung offenbart ist.

Der Senat hat eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung des Merkmals „wobei die Folie eine Fläche von mindestens 3 mal 4 m aufweistaus 2 Zeichnungen gemäß

 

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einer (vorveröffentlichten) Prioritätsgebrauchsmusteranmeldung (ohne Rückgriff auf Textpassagen der Beschreibung) herausgelesen und im Ergebnis dem Hauptanspruch der Nachanmeldung eine wirksame Priorität unter Vermeidung der Selbstkollision zugestanden.

Konkret führt der Senat hierzu in Rdn. 35 der Entscheidung aus:

"Aus dem Verhältnis der Größe des Vortragenden (Bezugszeichen 40) zu dem Abstand zwischen Bühnenboden und -decke und unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Folie (Bezugszeichen 20) nicht senkrecht, sondern schräg verläuft, ergibt sich ohne weiteres, dass die dort gezeigte Folie eine Höhe von mindestens 3 m aufweist. Figur 4 lässt zudem erkennen, dass die Folie mindestens 4 m breit ist. Dies wird nicht nur dadurch deutlich, dass die Breite der Folie deren Höhe merklich übersteigt, sondern auch aus den aus Figur 4 ersichtlichen Größenverhältnissen zwischen Vortragendem und Bildobjekt."

Anders hierzu das EPA in T15/81:

„Figuren (Zeichnungen) kommt nämlich nur die Aufgabe zu, den prinzipiellen Aufbau einer Einrichtung zu erläutern. Sie sind aber nicht dazu bestimmt, irgendwelche maßlichen Angaben oder Relationen zu vermitteln“

sowie in T204/83:

„Kein Fachmann würde eine Schemazeichnung nachmessen, um dadurch die Abmessungen des dargestellten Gegenstands mit Sicherheit zu ermitteln. Abmessungen, die sich aus einer schematischen Zeichnungsdarstellung nur durch Nachmessen ergeben, gehören somit nicht zum Offenbarungsgehalt eines Dokuments.“