Aktuelle Beiträge

BGH GRUR 2014, 1235 "Keine Gehörsverletzung wegen Nichtheranziehung externer Fachkunde - Kommunikationsrouter"

1. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Technische Beschwerdesenat des Patentgerichts auf den technischen Fachgebieten, die in seine Zuständigkeit fallen, auf Grund der Anforderungen, die das Gesetz an die berufliche Qualifikation der technischen Richter stellt, und deren durch die ständige Befassung mit Erfindungen in diesen Bereichen gebildetes Erfahrungswissen über die zur Beurteilung der jeweils entscheidungserheblichen Fragen erforderliche technische Sachkunde verfügt. Dies schließt nicht aus, dass im Einzelfall dennoch die Einholung eines Sachverständigengutachtens angezeigt oder auch geboten sein kann, weil es auf fachlich-technische Fragen auf einem Teilgebiet des Fachgebiets, für den der Technische Beschwerdesenat zuständig ist, ankommt und die zur Entscheidung berufenen Richter über die zu deren erschöpfender Beurteilung erforderliche spezielle Sachkunde und gegebenenfalls Erfahrung nicht verfügen (im Anschluss an BGHZ 53, 283 = GRUR 1970, 408 – Anthradipyrazol).

2. Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann grundsätzlich nur dann mit Erfolg auf die unterbliebene Einholung des Gutachtens eines gerichtlichen Sachverständigen gestützt werden, wenn aufgezeigt wird, auf Grund welcher Umstände es sich dem Technischen Beschwerdesenat aufdrängen musste, er bedürfe zur Beurteilung des Sachverhalts der Heranziehung zusätzlicher externer Sachkunde.

BGH GRUR 2012, 91 "Nachreichung einer deutschen Übersetzung: Mängelbehebung ist möglich - Polierendpunktbestimmung"

1. Die Rechtsfolge, dass die fremdsprachige Patentanmeldung mangels fristgerechter Nachreichung einer deutschen Übersetzung als nicht erfolgt gilt, tritt nicht ein, wenn der Anmelder innerhalb von drei Monaten nach Einreichung der Anmeldung eine deutsche Übersetzung der Unterlagen nach PatG § 34 Absatz III 1 und 2  sowie in deutscher Sprache Angaben, die jedenfalls dem Anschein nach als Beschreibung der Erfindung anzusehen sind, nachreicht und die Übersetzung von einem Rechtsanwalt oder Patentanwalt beglaubigt oder von einem öffentlich bestellten Übersetzer angefertigt ist. 

2. Die Beglaubigung der Übersetzung erfordert die jedenfalls sinngemäße Erklärung, dass die Übersetzung nach dem besten Wissen des Beglaubigenden eine richtige und vollständige Übertragung der fremdsprachigen Anmeldeunterlagen in die deutsche Sprache darstellt.

3. Sollte die eingereichte Übersetzung unvollständig sein, wäre dies als behebbarer Mangel anzusehen. Die bisherige Amtspraxis des DPMA im Hinblick auf PatG § 35 Absatz II 2, dass die Anmeldung als nicht erfolgt gelte, wird aufgehoben.

BGH GRUR 2007, 313 "Mittelbare Patentverletzung durch Lieferung eines Räderwerks ins Ausland bei Reimport - Ansprüche auf Schadensersatz des Herstellers aber nicht des Zulieferers bei unberechtigter Schutzrechtsverwarnung des Vertreibers - Funkuhr II"

1. Eine mittelbare Patentverletzung kann auch darin liegen, dass Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, ins Ausland geliefert werden, wenn sie dort zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Erzeugnisses beitragen sollen, welches zur Lieferung nach Deutschland bestimmt ist.

2. Verwarnt der Patentinhaber unberechtigterweise den Vertreiber eines vermeintlich patentverletzenden Erzeugnisses, stehen dem Hersteller, nicht aber dessen Zulieferern Ansprüche wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung zu. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Zulieferer als mittelbarer Verletzer in Betracht käme, wenn durch den Vertrieb des Erzeugnisses das Patent verletzt würde (Fortführung von BGH, GRUR 1977, 805 - Klarsichtverpackung).

Der Zulieferer (also Komponenten- oder Teillieferant) eines Verwarnten muss die wirtschaftlichen Nachteile der Entscheidung des Verwarnten, sich einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung zu beugen, hinnehmen.

Dies gilt nicht für den Komplettlieferanten einer beanstandeten Ware eines Verwarnten, also insbesondere einen Zwischenhändler oder einen Hersteller, der an einen Abnehmer oder Endhändler ein fertig konfektioniertes und originalverpacktes Endprodukt (z.B. Kosmetika) liefert.

Ein derartiger Komplettlieferant oder ein reiner Weiterverkäufer besitzt Ansprüche wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung gegenüber dem Verwarner (BGH, GRUR 2006, 433 - Unbegründete Abnehmerverwarnung wegen angeblicher Markenverletzung, in Fortführung von BGH, GRUR 2005, 882 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung).