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BGH GRUR 2017, 734 "Auch nachwirkende wettbewerbliche Eigenart eines zuvor patentgeschützten Erzeugnisses - Bodendübel"

1. Einem (vormals) patentgeschützten Erzeugnis kann auch nach Ablauf der Schutzdauer des Patents wettbewerbliche Eigenart zukommen. Dabei können nicht nur solche Merkmale eines derartigen Erzeugnisses wettbewerbliche Eigenart begründen, die von der patentierten technischen Lösung unabhängig sind. Einem Erzeugnis ist im Hinblick auf den (früheren) Patentschutz seiner Merkmale und trotz versagtem Markenschutz die wettbewerbliche Eigenart nicht von vornherein zu versagen und es dadurch schlechter zu stellen als andere technische Erzeugnisse, die nicht unter Patentschutz standen (Festhaltung BGH, GRUR 2015, 909 – Exzenterzähne).

2. Der wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz sieht keinen allgemeinen Nachahmungsschutz einer technisch bedingten Produktgestaltung vor, sondern dient der Absicherung eines konkreten Leistungsergebnisses vor Nachahmungen, die im Einzelfall aufgrund eines unlauteren Verhaltens des Mitbewerbers zu missbilligen sind. Damit können die formgebenden technischen Merkmale eines Erzeugnisses als Herkunftshinweis dienen, auch wenn sie zur Monopolisierung der Warenform als dreidimensionale Marke ungeeignet sind.

Der ergänzende Leistungsschutz nach § 4 Nr. 3 UWG bietet zwar keinen allgemeinen Nachahmungsschutz von (auch technisch bedingten) Produktgestaltungen vor, wie ihn Patente, Gebrauchsmuster, Marken oder Designs gewähren.

Vielmehr dient der ergänzende Leistungsschutz des Lauterkeitsrechts der Absicherung eines konkreten Leistungsergebnisses vor Nachahmungen, die im Einzelfall aufgrund eines unlauteren Verhaltens des Mitbewerbers zu missbilligen sind.

Dementsprechend muss stets auch einer der besonderen Unlauterkeitstatbestände erfüllt sein, nämlich eine vermeidbare Herkunftstäuschung (§ 4 Nr. 3a UWG), eine unangemessene Ausnutzung bzw. Beeinträchtigung der Produktwertschätzung (§ 4 Nr. 3b UWG) oder eine unredliche Erlangung der für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen (§ 4 Nr. 3c UWG).

BGH GRUR 2017, 681 "Neuheit bei abgrenzbarer zusätzlicher Verwendungsmöglichkeit - Cryptosporidium"

1. Eine Verwendung ist neu, wenn die geschützte Lehre eine zusätzliche Verwendungsmöglichkeit aufzeigt, die durch objektive Merkmale von den im Stand der Technik bekannten Verwendungsmöglichkeiten abgegrenzt werden kann (Bestätigung von BGH, GRUR 2012, 373 – Glasfasern I).

2. Für die Annahme einer neuheitsschädlichen Vorwegnahme ist dementsprechend nur Raum, wenn der Fachmann den bekannten Gegenstand zweckgerichtet zu dem geschützten Verwendungszweck eingesetzt hat. Die fernliegende Möglichkeit, dass der Fachmann den bekannten Gegenstand patentgemäß verwenden könnte, reicht nicht aus.

BGH GRUR 2017, 604 "Unzulässige beschränkte Verteidigung mit nicht angegriffenem Unteranspruch - Ankopplungssystem"

Ein Patent kann vom Nichtigkeitsbeklagten nur insoweit beschränkt verteidigt werden, als es vom Nichtigkeitskläger angegriffen wird. Die beschränkte Verteidigung des Streitpatents durch Kombination eines angegriffenen Anspruchs mit einem nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines nicht angegriffenen Unteranspruchs ist unzulässig.
 
Denn die beschränkte Verteidigung gegenüber einer Teilnichtigkeitsklage auch im Umfang eines nicht angegriffenen Unteranspruchs hätte im Wesentlichen die Wirkung einer Widerklage des Patentinhabers gegenüber dem Nichtigkeitskläger auf Feststellung der Rechtsbeständigkeit des Streitpatents im Umfang des nicht angegriffenen Unteranspruchs. Eine solche Klage ist aber im Gesetz nicht vorgesehen und kann deshalb auch nicht Gegenstand einer beschränkten Verteidigung des Nichtigkeitsbeklagten sein.
 
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass durch Angriff nur einzelner (relevanter) Patentansprüche eines Streitpatents in einer Nichtigkeitsklage eine Beschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten des Inhabers des Streitpatents erreicht werden kann.