Aktuelle Beiträge

BGH GRUR 2017, 54 "Einführung neuer Widerrufsgründe im Einspruchsbeschwerdeverfahren - Ventileinrichtung"

1. Das Patentgericht ist nicht befugt, im Einspruchsbeschwerdeverfahren von Amts wegen neue Widerrufsgründe, die nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens vor dem Patentamt waren, aufzugreifen und hierauf seine Entscheidung zu stützen (Bestätigung von BGH, GRUR 1995, 333 – Aluminium-Trihydroxid).

2. Wenn eine das Patent aufrechterhaltende Entscheidung des Patentamts in zulässiger Weise mit der Beschwerde angefochten ist, darf der Einsprechende im Beschwerdeverfahren zusätzliche Widerrufsgründe geltend machen, die nicht zum Gegenstand der angefochtenen Entscheidung gehören.

BGH GRUR 2016, 1254 "Äquivalente Patentbenutzung bei konkreter Formulierung eines Merkmals - V-förmige Führungsanordnung"

Die Orientierung der Überlegungen des Fachmanns, mit denen er ein im Sinne des Merkmals der Erfindung gleichwirkendes Austauschmittel als gleichwirkend auffinden kann, am Patentanspruch und damit die Verletzung des Patents mit äquivalenten Mitteln kann regelmäßig nicht mit der Begründung verneint werden, der Patentinhaber habe sich mit der konkreten Formulierung des Merkmals auf eine dessen Wortsinn entsprechende Ausgestaltung festgelegt.

Eine Ausführung von Führungsanordnungen einer beanstandeten Ausführungsform "in conic shape" gemäß

wurde als patentverletzend bejaht.

Die im Klagepatent in den Zeichnungsfiguren gemäß

dargestellten Führungsanordnungen (18) in "V-Form" wurden vom Senat (anders als vom LG und OLG Düsseldorf) als einzige in der Patentschrift beschriebene Ausführungsform erkannt. Da keine weitere Ausgestaltung der Führungsanordnungen in der Patentschrift beschrieben war, konnten die beanstandeten Anordnungen in "U-Form" (abgerundete "conic shapes") als äquivalent patentverletzend beurteilt werden.

BGH GRUR 2016, 1031 "Enge Voraussetzungen für Einräumung einer Aufbrauchfrist bei Patentverletzung - Wärmetauscher"

1. Die Ermittlung des Sinngehalts eines Unteranspruchs kann grundsätzlich zur richtigen Auslegung des Hauptanspruchs eines Patents beitragen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Unteransprüche regelmäßig den Gegenstand des Hauptanspruchs nicht einengen, sondern nicht anders als Ausführungsbeispiele lediglich – gegebenenfalls mit einem zusätzlichen Vorteil verbundene – Möglichkeiten seiner Ausgestaltung aufzeigen.

2. Die Einräumung einer Aufbrauchfrist kommt im Patentverletzungsprozess (anders als bei Markenverletzungen) normalerweise nicht und nur dann in Betracht, wenn die sofortige Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs des Patentinhabers auch unter Berücksichtigung seiner Interessen aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls gegenüber dem Verletzer eine unverhältnismäßige, durch das Ausschließlichkeitsrecht und die regelmäßigen Folgen seiner Durchsetzung nicht gerechtfertigte Härte darstellte und daher treuwidrig wäre.

3. Das Klagepatent (DE 196 54 370) hat ein Heizsystem für Fahrzeuge mit offener Personenzelle zum Gegenstand (sog. „Nackenheizung für Cabrios“, vom Hersteller mit System "AIRSCARF" beworben):

Bei den insgesamt drei Beklagten handelt es sich um Unternehmen aus der Automobilbranche. Die Beklagte zu 1 stellt Heizsysteme für Cabrioletsitze her; die Beklagte zu 2 ist ihre Muttergesellschaft. Die streitgegenständlichen Heizsysteme werden in Fahrzeugen verbaut, welche die Beklagte zu 3 herstellt, und außerdem als Ersatzteile geliefert.