Aktuelle Beiträge
BGH GRUR 2017, 1105 "Zulässige Erweiterung bei Aufnahme eines Disclaimers - Phosphatidylcholin"
1. Eine Patentanmeldung ist zurückzuweisen, wenn der Gegenstand des Anspruchs, den der Anmelder zur Prüfung stellt, über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht und dieser Mangel nach Aufforderung durch die Prüfungsstelle vom Anmelder nicht behoben wird (Fortführung von BGH GRUR 1975, 311 - Regelventil).
2. Die Aufnahme eines Merkmals, wonach eine beanspruchte Zubereitung eine bestimmte Substanz nicht enthalten darf (hier: geänderte und vom Patentamt im Erteilungsverfahren beanstandete Fassung von Anspruch 1 mit dem Disclaimer, wonach "die Zubereitungen frei von Phosphatidylcholin" seien) stellt nicht ohne Weiteres eine unzulässige Erweiterung dar (Abgrenzung zu BGH GRUR 2011, 1109 – Reifenabdichtmittel).
In der vorliegenden Entscheidung lässt der BGH es nun für eine ausreichende Offenbarung genügen, dass Phosphatidylcholin als möglicher Bestandteil der Zubereitung offenbart und nicht etwa ausgeschlossen werde und aus den Anmeldungsunterlagen nicht hervorgehe, dass dieser Bestandteil notwendig oder gar vorteilhaft für die Zubereitung wäre.
Eine weitere Bestätigung für eine ausreichende Offenbarung wird vom BGH ferner darin gesehen, dass die in der Beschreibung genannten Beispielformulierungen kein Phosphatidylcholin enthielten.
Da auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden wären, dass mit der durch den Disclaimer "Zubereitungen frei von Phosphatidylcholin" bewirkte Beschränkung eine zusätzliche technische Wirkung einhergehe oder der Fachmann neue technische Informationen erhalte, verneint der BGH eine unzulässige Erweiterung.
Die vorliegende BGH-Entscheidung „Phosphatidylcholin“ kann somit als Annäherung an die Disclaimer-Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer des EPA (G 2/10) angesehen werden.
BGH GRUR 2017, 1043 "Keine rechtserhaltende Benutzung durch ergänzende Zusätze an unveränderter Marke - Dorzo"
1. Die Ergänzung einer an sich unveränderten Marke durch Zusätze stellt keine Benutzung der Marke in der eingetragenen Form gemäß MarkenG § 26 I dar, wenn die Zusätze mit dem Zeichen erkennbar verbunden sind. In diesem Fall handelt es sich um eine Verwendung der Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form (MarkenG § 26 III).
2. Erkennt der Verkehr das mit Zusätzen verwendete Markenwort (hier: Dorzo-Vision®) nicht mehr als eigenständiges Produktkennzeichen (hier: Dorzo), verändert die Abweichung grundsätzlich den kennzeichnenden Charakter der Marke, so dass von einer rechtserhaltenden Benutzung nach MarkenG § 26 III nicht ausgegangen werden kann.
3. Bei der Prüfung, ob eine von der Eintragung abweichende Verwendung der Marke deren kennzeichnenden Charakter verändert, kommt es nicht darauf an, ob die Marke innerhalb der konkreten Verwendungsform eine selbstständig kennzeichnende Stellung innehat.
Anmerkung: Kommentierung zur "Dorzo"-Entscheidung von Wagner in GRUR 2018, 264 "Eine Frage der rechtserhaltenden Benutzung und die Identität der Unterscheidungskraft der Marke"
BGH GRUR 2017, 914 "Verwechslungsgefahr bejaht zwischen Wortmarken für Pharmaziebezeichnungen - Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke"
1. Für die Beurteilung, ob eine Wortmarke oder deren Bestandteile die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, kommt es nicht darauf an, welche Bedeutung der Markeninhaber z.B. durch entsprechende Hinweise auf seiner Website dem Markenwort beimessen will. Maßgeblich ist vielmehr die Sicht des angesprochenen Verkehrs.
2. Eine Verwechslungsgefahr zwischen einer für „Dienstleistungen eines Apothekers, nämlich Beratungen in der Pharmazie“ eingetragenen Wortmarke „Medicon-Apotheke“ sowie einer Bildmarke (Klagemarken)
und einer beanstandeten Bezeichung „MediCo Apotheke“, unter der eine Apotheke betrieben wird, ist zu bejahen.
3. Eine Verwechslungsgefahr kann ausnahmsweise trotz klanglicher oder schriftbildlicher Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen wegen eines ohne Weiteres erkennbaren eindeutigen abweichenden Begriffsinhalts der Zeichen zu verneinen sein. Ein Sinngehalt, der sich erst nach analytischer Betrachtung ergibt, reicht hierfür jedoch nicht aus.
Im vorliegenden Fall ist es für die Verkehrskreise nicht ohne Weiteres ersichtlich, dass die Klagemarke "Medicon" als Kombination der Teilbegriffe "Medi" für "Medizin" und "Con" für "Consulting" wahrgenommen werden könnte und die beanstandete Bezeichnung "MediCo" als Kombination der Teilbegriffe "Medi" für "Medizin" und "Co" für "Compagnie".