Aktuelle Beiträge

BGH GRUR 2015, 603 "Keine Erstbegehungsgefahr bei Produktpräsentation auf Fachmesse - Keksstangen"

1. Eine Erstbegehungsgefahr des Bewerbens, Anbietens, Vertreibens und Inverkehrbringens gegenüber inländischen Verbrauchern folgt nicht ohne Weiteres aus der Präsentation des Produkts (hier: Keksstangen) auf einer internationalen, ausschließlich dem Fachpublikum zugänglichen Messe.

2. Die bei einem Fachpublikum vorhandenen Kenntnisse der am Markt vertretenen Produkte, ihrer Gestaltung und ihrer Herkunft stehen auch im Hinblick auf nahezu identische Nachahmungsprodukte regelmäßig der Annahme einer unmittelbaren Verwechslung mit dem Originalprodukt und der irrtümlichen Annahme von geschäftlichen oder organisatorischen Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen entgegen, wenn die Produkte in Packungen mit gegenüber dem Originalprodukt deutlich unterschiedlichen Herkunftshinweisen vertrieben werden.

BGH GRUR 2015, 467 "Mittelbare Patentverletzung durch im Ausland ansässige Lieferanten - Audiosignalcodierung"

1. Ein Mittel ist kein wesentliches Element der Erfindung im Sinne von PatG § 10 I, wenn es (nur) zur Verwirklichung eines Verfahrensschritts eingesetzt wird, der den im Patentanspruch eines Verfahrenspatents vorgesehenen Schritten vorausgeht (und selbst im Patentanspruch nicht genannt ist) . Dies gilt auch dann, wenn der vorgelagerte Schritt notwendig ist, um die im Patentanspruch vorgesehenen Schritte ausführen zu können, und wenn das Mittel auf Grund seiner konkreten Ausgestaltung ausschließlich zu diesem Zweck eingesetzt werden kann.

2. Ein Mittel, mit dem bestimmte Verfahrensschritte bei der Übertragung eines Audiosignals ausgeführt werden, bezieht sich nicht auf ein wesentliches Element der Erfindung, wenn das Patent zwar ein Übertragungsverfahren schützt, im Patentanspruch aber nur andere Schritte dieses Verfahrens näher festgelegt sind und die Ausgestaltung der Verfahrensschritte, auf die sich das Mittel bezieht, für die Verwirklichung der Erfindung nicht von Bedeutung ist.

3. Wer im Ausland ein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht, an einen Dritten liefert, der es mit seinem Wissen und Wollen zur Benutzung der Erfindung in Deutschland weiterliefert, veranlasst eine Lieferung des Mittels im Geltungsbereich des Patentgesetzes.

OLG Stuttgart GRUR 2015, 380 "Reichweite der Reparaturklausel im europäischen Geschmacksmusterrecht - Autofelgen"

1. Streut ein Verletzer seine Verletzungshandlungen international, kann unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs dem Verletzten nicht versagt werden, in korrespondierender Streuung bei Gerichten in verschiedenen Ländern Rechtsschutz zu suchen.

2. Die Reparaturklausel des EWG_VO_6_2002 Art. 110 GGV schafft eine Ausnahmeklausel des Designschutzes ausschließlich für den Reparaturfall. Diese Grenze überschreitet ein Hersteller von Autofelgen, der diese nicht einzeln, sondern auch in Vierer-Sätzen ausliefert.

3. Eine Autofelge stellt kein als untrennbare Einheit zu verstehendes Reparaturaustauschteil dar, so dass der Anwendungsbereich des EWG_VO_6_2002 Art. 110 GGV nicht eröffnet ist.