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BGH GRUR 2017, 66 "Kein Markenschutz für technische Lösung der Würfelform und Gitterstruktur eines dreidimensionalen Puzzles - Simba Toys/EUIPO (sog. Rubik's cube - Zauberwürfel)"

Bei der Beurteilung der Funktionalität der wesentlichen Merkmale einer angemeldeten dreidimensionalen Marke (hier: 3D-Marke "Rubik's cube - Zauberwürfel" für die Ware "dreidimensionale Puzzles") gemäß
 
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die aus der Form der konkreten Ware besteht, ist es nicht ausreichend, diese Prüfung ausschließlich anhand der grafischen Darstellung vorzunehmen, vielmehr muss die technische Funktion gemäß
 
https://rolandroid.files.wordpress.com/2012/03/rubikscube-offen.jpg
 
der konkreten Ware und deren tatsächlicher Benutzung berücksichtigt werden (gemäß Thiering, Frederik GRUR 2018, 30 "Die Rechtsprechung des EuGH und des BGH zum Markenrecht seit dem Jahr 2016"). Diese ging weder aus der Formulierung des Warenverzeichnisses (z.B. in der Form von "drehbaren Puzzles" statt "dreidimensionalen Puzzles") noch aus einer etwaigen der Anmeldung beigefügten Markenbeschreibung hervor.
 
Zur Historie der dreidimensionalen Marke "Rubik's cube - Zauberwürfel" (gemäß Kur, Annette GRUR 2017, 134 "Rubik's Cube - Würfelzauber am Ende?"):
 
"Die Unwägbarkeiten des Lauterkeitsschutzes schienen für Hersteller und Lizenznehmer des Original-Würfels überwunden zu sein, nachdem eine 1996 erfolgte Anmeldung des Zauberwürfels als Warenformmarke beim HABM (heute EUIPO) zum Erfolg geführt hatte: Die Marke wurde 1999 eingetragen und 2006 verlängert, ... der Schutz des Würfels schien in der EU auf Dauer gesichert zu sein. Auch der im November 2006 von der Firma Simba Toys (Kläger) beim HABM eingereichte, auf die technische Bedingtheit der Form sowie auf weitere Gründe gestützte Antrag auf Löschung der Marke änderte daran zunächst nichts. Nichtigkeitsabteilung sowie Beschwerdekammer des Amtes verwarfen den Antrag als eindeutig unbegründet und auch das EuG erteilte dem Löschungsbegehren eine klare Absage. Zu einem anderen Ergebnis kamen jedoch der Generalanwalt und schließlich auch der EuGH: Von beiden wurde dem Löschungsantrag bescheinigt, dass gute Gründe für sein Durchgreifen sprechen, die in der Entscheidung des EuG nicht hinreichend berücksichtigt wurden. Das EUIPO wird sich auf dieser Grundlage erneut mit dem Fall befassen müssen."
 
Diese EuGH-Entscheidung „Rubik’s Cube“ läßt eine deutlich restriktivere Tendenz gegenüber der Markenfähigkeit von Warengestaltungen (3D-Marken) erkennen, als sie von den meisten nationalen Rechtsordnungen sowie vom EUIPO und dem EuG bislang praktiziert wurde.
 
Ausblick auf verbleibende nicht-markenrechtliche Möglichkeiten zum Schutz vor identischen Nachahmungen (a.a.O. GRUR 2017, 141):
 
"Als letztes bleibt zu fragen, ob nach dem zu erwartenden Verlust des markenrechtlichen Schutzes für Rubik’s Cube die Möglichkeit erhalten bleibt, zumindest identische Nachahmungen auf der Grundlage des Lauterkeitsrechts zu verbieten. In der „Lego“-Entscheidung hat der EuGH eine solche Möglichkeit angedeutet, ohne sich dazu inhaltlich zu äußern .... Der BGH hatte im Fall „Lego“ allerdings bereits zuvor entschieden, dass der aufgrund des „Einschiebens in eine fremde Serie“ über längere Zeit gewährte Nachahmungsschutz enden musste. In der Entscheidung „Segmentstruktur“ wurde die jener Fallgruppe sowie den Fällen der „Modeneuheiten“ zugrundeliegende Rechtsprechung, die einen eigenständigen, zeitlich begrenzten Nachahmungsschutz unter dem Aspekt der Behinderung gewährt hatte, ohnehin aufgegeben. Was bleibt, ist der Schutz auf der Grundlage von UWG § 4 Nr. 3 (sowie gegebenenfalls auch UWG § 3 Abs. I), der ohne jede zeitliche Begrenzung gewährt wird. Dies kann jedenfalls dann zu bedenklichen Ergebnissen führen, wenn ungeachtet funktionaler Vorteile der Gestaltung oder des Ablaufs zuvor bestehender Schutzrechte bei identischer oder nahezu identischer Nachahmung eigenartbegründender Merkmale regelmäßig von einer vermeidbaren Herkunftstäuschung ausgegangen wird, selbst wenn der Nachahmer beim Vertrieb in verkehrsüblicher Weise auf die abweichende Herkunft der Ware hinweist. Insoweit weist die Entscheidung „Exzenterzähne“ des BGH in eine ungute Richtung; es ist zu hoffen, dass sich diese Rechtsprechung nicht fortsetzt und verfestigt".

EuG Mitt 2016, 559 "Ähnlichkeit zwischen MACCOFFEE und geschützten Marken von McDonald's"

Die Nichtigerklärung der Marke MACCOFFEE für Nahrungsmittel und Getränke durch das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) ist nicht zu beanstanden, da der Eintragung der Marke die Wertschätzung der Marken von McDonald's entgegensteht, die in gleicher Weise die Vorsilbe "Mac" oder "Mc" mit dem Namen eines Nahrungsmittels oder eines Getränks verbinden (Gericht der Europäischen Union - Urteil vom 05.07.2016 - Az T-518/13).

BGH GRUR 2016, 1254 "Äquivalente Patentbenutzung bei konkreter Formulierung eines Merkmals - V-förmige Führungsanordnung"

Die Orientierung der Überlegungen des Fachmanns, mit denen er ein im Sinne des Merkmals der Erfindung gleichwirkendes Austauschmittel als gleichwirkend auffinden kann, am Patentanspruch und damit die Verletzung des Patents mit äquivalenten Mitteln kann regelmäßig nicht mit der Begründung verneint werden, der Patentinhaber habe sich mit der konkreten Formulierung des Merkmals auf eine dessen Wortsinn entsprechende Ausgestaltung festgelegt.

Eine Ausführung von Führungsanordnungen einer beanstandeten Ausführungsform "in conic shape" gemäß

wurde als patentverletzend bejaht.

Die im Klagepatent in den Zeichnungsfiguren gemäß

dargestellten Führungsanordnungen (18) in "V-Form" wurden vom Senat (anders als vom LG und OLG Düsseldorf) als einzige in der Patentschrift beschriebene Ausführungsform erkannt. Da keine weitere Ausgestaltung der Führungsanordnungen in der Patentschrift beschrieben war, konnten die beanstandeten Anordnungen in "U-Form" (abgerundete "conic shapes") als äquivalent patentverletzend beurteilt werden.